Professionelles Beschwerdemanagment
Eine Chance für geniales Marketing
In immer mehr Betrieben ist es klar: externes Beschwerdemanagement zahlt sich aus. Professioneller Umgang mit enttäuschten KlientInnen birgt die Chance, sie zu binden. Hier das wirksame Programm in 4 Schritten!
Getrübtes Wochenende für die ganze Familie
Familie Nemeth bucht ein Familienzimmer für ein strahlendes Herbstwochenende in ihrem Lieblingshotel in Tirol: ein luxuriöser Familienbetrieb mit Tradition und Stil, wo man zweimal den Urlaub verbracht hat. Das Einzelbett im separaten Zimmer der Suite soll dem 13-jährigen Sohn erholsamen Schlaf in unmittelbarer Nähe bieten.
Die erste Nacht verläuft unruhig und der ausgewachsene Bursche ist am nächsten Tag übermüdet. Er kann noch nicht orten, warum. Auch die zweite Nacht mündet in der verdorbenen Laune des Teenagers. Endlich wird die Ursache klar: das Bett ist ein Klappbett, die Matratze viel zu dünn und unkomfortabel für den 1,70 m großen Jüngling.
Inadäquates Beschwerdemanagement
Die Nemeths erkennen es zu spät und reisen ab. Sie melden an der Rezeption noch, dass das Wochenende durch die unbequeme Schlafstatt sehr getrübt war.
Die Hoffnung auf eine kundenfreundliche Reaktion wird bitter enttäuscht, als die Rezeptionistin murmelt: „Dieses Bett haben wir immer dort“.
Frau Nemeth beschließt, sich zu beschweren. Sie schreibt eine höfliche Rückmeldung an die Geschäftsführung. Die Mail bleibt unbeantwortet. Auf nochmaliges Betreiben erhält sie folgende Nachricht: „Es tut uns leid, dass Ihr Sohn schlecht geschlafen hat. Wir gehen davon aus, dass das Bett für jüngere Kinder ausreichend ist. Bitte beehren Sie uns wieder“.
Familie Nemeths Fall ist kein Einzelfall. Sie wurde mehrfach ignoriert und provoziert. Es bleibt keine andere Wahl, als sich in einem Internet Forum abzureagieren.
Ähnlich ärgerlich ist es für KundInnen, wenn das gemeldete Problem negiert wird: „Von so etwas haben wir aber noch nie gehört!“. Oder das Problem wird abgewälzt. Beim Staubsaugergriff, der nach einem Monat bricht, heißt es dann: „Das liegt sicher an der falschen Handhabung!“
Derartige Reaktionen führen unweigerlich zu schlechten Bewertungen: Stichwort „Shitstorm“ im Netz.
Hier sollte man dringend Abhilfe schaffen. Was sind die Ingredienzien für professionelles Beschwerdemanagement?
Beschwerdemanagement und Marketing
Amerikanische Unternehmen sind bekannt dafür, gutes Service anzubieten. Sie gehen seit langem mit gutem Beispiel voran. Mittlerweile hat sich auch in Europa herumgesprochen, dass man beim Beschwerdemanagement professionell vorgehen sollte. Externes Beschwerdemanagement steht für gutes Marketing!
Kundenzufriedenheit macht zu jedem Zeitpunkt Sinn!
„Würden Sie uns weiterempfehlen?“- „Ja! Meine Ware wurde anstandslos zurückgenommen, unkompliziert ausgetauscht! Gerne wieder!“
„Die Dame am Telefon war verständnisvoll und hat sich entschuldigt! Ein super Service!“
„Man konnte mir zwar meine verlorene Zeit nicht ersetzen, aber wir haben einen Gutschein für einmal Gratisbenützung des Wellnessbereichs zugeschickt bekommen! Dort fahr ich wieder hin!“
Man hat sich verstanden gefühlt, wertgeschätzt. Der Slogan von KundInnen als KönigInnen hat sich bewahrheitet!
Hier dient der Konflikt als Chance, eine Beziehung zu vertiefen. Das Problem zu lösen, führt zum positiven Werbeeffekt!
Bausteine für professionelles Beschwerdemanagement
Jede Firma braucht selbstverständlich eine Strategie für das interne Beschwerdemanagement, also Abläufe für den Fall einer Reklamation. Daneben sollten die externen Kommunikationsregeln klar sein. MitarbeiterInnen brauchen im Kundenkontakt Werkzeuge, um richtig reagieren zu können.
KundInnen zuhören – eine hohe Kunst – und doch so einfach!
KundInnen erwarten nicht, dass
- Sie sich rechtfertigen („wir hatten so viel zu tun…“),
- Sie emotional reagieren („jetzt regen Sie sich nicht so auf“),
- Sie beschwichtigen („ist doch nicht so schlimm!“)
KundInnen wollen keinesfalls belehrt, sondern wahrgenommenwerden: d.h. man glaubt Ihnen. Das Problem wird gesehen, gehört und anerkannt.
Externes Beschwerdemanagement in 4 Schritten
Es braucht auf Unternehmensseite nicht viel. Zentral ist:
- eine Anerkennung der konkreten Umstände
- die wertfreie Würdigung des Ärgernisses: die Wertschätzung auf der emotionalen Ebene
- die Übernahme von Verantwortung
- ein Angebot der Wiedergutmachung
Zeitgerechtes Reagieren
Selbstverständlich ist es wichtig, zeitgerecht zu reagieren. Es verstärkt den Ärger, wenn Sie untätig bleiben. Das Problem vergrößert sich. Zumindest eine erste Rückmeldung über den Erhalt der Nachricht muss sofort erfolgen!
Gelungenes Beschwerdemanagement im Klartext
1) Wahrnehmen durch „Spiegeln“: das Gehörte wiederholen. Mehr Information einholen.
„Die Kaffeemaschine springt also nicht an!“
„Sie hatten ein anderes Zimmer gebucht und der Ersatz ist inadäquat“
Das von KundInnen Gesagte wird wiederholt, die Fakten werden benannt.
So einfach, so gut.
Fragen Sie auch noch nach. KundInnen rechnen Ihnen das Interesse an der misslichen Situation hoch an.
2) Wertfreie Würdigung: „Den Ärger würdigen“
„Das ist sicher sehr ärgerlich für Sie gewesen“: Im nächsten Schritt würdigen Sie die verletzten Gefühle und sprechen die emotionale Ebene an.
Achtung: bewahren Sie innerlich die Ruhe, aber gehen Sie mit den Emotionen des Sprechenden mit. Versuchen Sie nicht, die Sache herunterzuspielen. Ein „beruhigendes“ Mantra verstärkt den Ärger: „Hören Sie doch auf, so schlimm ist es ja nicht, ja, ja, …“
Im Gegenteil: wir fühlen uns gehört, wenn das Gegenüber unsere Emotion aufgreift. Dies geschieht, indem wir diese zu einem gewissen Grad (zu etwa 80 %) in den eigenen Tonfall mitaufnehmen. „Nein wirklich, also sehr unangenehm!“
Bleiben Sie beim Beschwerdemanagement authentisch. Das funktioniert nicht immer beim ersten Mal.
Übung macht Sie zu MeisterInnen!
- Verantwortung übernehmen
Nun ist es Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Das ist ein Zeichen menschlicher und unternehmerischer Reife. Dieser Schritt kann schlicht ausfallen und soll authentisch vermittelt werden.
„Es tut uns sehr leid, wir sind um Ihre Zufriedenheit bemüht. Leider ist uns hier ein Fehler unterlaufen. Wir bedauern das sehr“.
4) Wiedergutmachung
Last not least: Was haben KundInnen vom Mitgefühl, wenn die teure Kaffeemaschine weiterhin bockt? Beschwerdemanagement soll zur guten Geschäftsbeziehung beitragen. Dazu gehört, praktische Hilfestellung anzubieten. Neben der Kommunikation mit KundInnen braucht es das interne Beschwerdemanagement: entsprechende Abläufe und Strategien müssen innerbetrieblich vorhanden sein.
- „Wir werden die Ware schnellstmöglich zurücknehmen und Ihnen ein neues Exemplar zuschicken“.
- „Leider können wir Ihnen zur Zeit kein anderes Zimmer anbieten, aber wir wollen Sie als Kunden/in behalten und bieten Ihnen für Ihren nächsten Besuch einen Gutschein über 20% an“.
- „Wir laden Sie als kleines Trostpflaster auf ein Abendessen in unserem Restaurant ein“
Wertschätzung statt Rückabwicklung?
Manchmal ist es nicht mehr möglich, den Schaden adäquat auszugleichen. Die unbequemen Nächte und das verpatzte Wochenende lassen sich nicht ungeschehen machen. Umso wichtiger ist es, KundInnen wertzuschätzen. Behandeln Sie Kundinnen respektvoll und höflich. Bieten Sie Gutscheine oder Vergünstigungen auf zukünftige Buchungen an. Es ist KundInnen wichtiger, respektvoll behandelt zu werden, als auf den Euro genau entschädigt zu werden.
KundInnen erweisen sich als dankbar, wenn sie ernst genommen werden. Sie nehmen von unguten Einträgen im Internet Abstand. Wertgeschätzte KundInnen bleiben dem Unternehmen treu.
Würdigen – Wahrnehmen – Wiedergutmachen
Auch verärgerte KundInnen werden Sie mit professionellem Beschwerdemanagement wieder an Bord holen können. Die Erfahrung zeigt, dass es möglich ist, den ersten Ärger schnell in den Griff zu bekommen. Er ebbt ab, wenn man Gehör findet.
Wichtig dabei:
- Tatsachen würdigen
- Wahrnehmen, statt herunterzuspielen oder anzuzweifeln
- Wiedergutmachung anbieten
Dieselben Kriterien greifen auch im Schriftverkehr! Dazu ein nächstes Mal!
Richtiges Beschwerdemanagement erfordert Übung
Geben Sie sich und Ihren MitarbeiterInnen Zeit beim Erlernen dieser Art von Kommunikation. Wichtig ist vor allem Authentizität und Gelassenheit. Wenn Sie die 4 Schritte einbauen, werden Sie sich sicher fühlen!
Es ist professionell, Empathie zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört auch, praktisch Hilfe zu leisten.
Die KundInnen werden es Ihnen danken. MitarbeiterInnen, die professionelles Beschwerdemanagement anwenden, erleben ihren Job als sinnvoll, transformativ und produktiv!